Luftkühler-Racing

Saisonvorbereitung

Der Plan für 2006 war klar: Mit dem guten alten Luftkühler, der 900 SS, wollte ich in der Pro Thunder ordentlich aufschlagen. Schließlich stand die auf 944 cm3 gewachsene, satte 86 PS starke SS seit mehr als zwei Jahren in der Garage und harrte tapfer dem Tag entgegen, an dem sie noch mal um Lorbeeren fighten durfte.

Vorher war natürlich allerhand Arbeit nötig, bis sie rennfertig war. Die heftigste: Über den Winter hat Schweiß-Genie Sam Wassermann von Uno den Lenkkopf abgetrennt und um eineinhalb Grad steiler wieder eingeschweißt. Gleichzeitig das überflüssige Rahmenheck operativ entfernt und die Sitzbankaufnahmen vier Zentimeter höher und weiter vorn wieder angeschweißt. Schließlich hatte das Ding ursprünglich die Lenkgeometrie von ’nem Chopper, und die Sitzposition war auch aus den 80er-Jahren übrig geblieben.

Nach getaner Arbeit standen 66,5 Grad Lenkkopfwinkel, knapp 100 mm Nachlauf und nur noch 164 kg Trockengewicht im Datenblatt. Dass das Vorderrad voll eingefedert jetzt gerade noch so am liegenden Zylinder vorbeigeht, war natürlich minutiös genau so kalkuliert gewesen.
Und weil das Ding im Rennbetrieb immer mit mindestens 140 °C Öltemperatur unterwegs war, musste eine größere Ölkühleranlage her. Zwei Monsterkühler lassen jetzt auch bei größtem Stress höchstens 110 °C zu.

Das erste Rollout in Calafat im März verlief vielversprechend: Das Fahrwerk funktionierte prächtig, Grip ohne Ende und kleinere Öl-Leckagen aus nachlässig verschraubten Ventildeckeln waren schnell abgestellt. Mit dem Gerät ließ sich sogar eine prächtig im Futter stehende GEC-Langstrecken-R1 mit einem ebensolchen Fahrer jagen und zur Strecke bringen.

Die Rennen

Das erste Pro Thunder-Rennen konnte also kommen. Es kam aber nicht: Den ersten Lauf am Lausitzring musste ich sausen lassen. Nicht so schlimm, ich finde die Strecke eh zum Kotzen, aber schade um die Punkte.

Die gab es dann beim zweiten Event, dem genialen Festival Italia. Im ersten Lauf ging gleich die Post ab. Gut, mit den Jungs der Division 1, den großen Vierventilern, braucht man sich nicht anzulegen. Aber in der Division 2 kann man mit so einem Zweiventiler richtig schön auf volle Hose machen. Fast das halbe Rennen Infight mit Thomas Pehl auf einer 748R, ständiger Führungswechsel, das war schlicht geil. Dass er am Schluss um eineinhalb Sekunden die Nase vorn hatte, war nicht weiter tragisch. Immerhin hatten wir dem bisherigen Favoriten, Dirk Mothes, fast eine halbe Minute aufgebrannt und jede Menge 996/999 hinter uns gelassen.
Beim zweiten Lauf gab es nach einem Startcrash erst mal Rennabbruch und Neustart. Nur war diesmal der elende 748R-Treiber mangels Kondition fällig. Sieg in der Division 2 mit sattem Vorsprung vor dem Vierventiler und – noch wichtiger – Mothes auf seiner DSM-Ducati.

Foto: fact

Mit diesem Ergebnis im Rücken fuhr ich zur German TT nach Schleiz. Eh eine meiner Lieblingsstrecken. Weil hier Leistung nichts zählt, wenn man keine Eier hat, sie einzusetzen. Und entsprechend schlug sich der alte Luftkühler: In der Pro Thunder dürften sich einige Vierventiler über den ungewohnten Anblick in der Startaufstellung gewundert haben. Platz 6, also zweite Reihe. Als Gesamt-Sechster von 37 wurden wir auch abgewinkt. In der Division 2 aber hieß das Sieg. Mit 23 Sekunden Vorsprung vor Dirk Mothes.
Im zweiten Lauf dann Regen. Shit, beim letzten Regenrennen in Horice war mir die Airbox wegen dem offenen K&N-Filter vollgelaufen. Also schnell einen Deckel auf den Luftfilterkasten geschnallt raus in die Startaufstellung. Zeit, sich wegen der abtrocknenden Strecke über einen Reifenpoker Gedanken zu machen, war sowieso keine mehr. Die Ampel ging aus, und bis zum Buchhübel gab es gleich ein intimes Tête-à-tête mit meinem alten IDM-Spezl Jens Hebisch auf der 140-PS-Boxenstopp-Mille. Kurzer Infight, Jens musste nachlassen, danach war der Weg frei.

Tatsächlich, der Deckel hielt den Filter trocken. Leider lief die Karre nun viel zu fett und sprotzelte am Ende jeder längeren Vollgas-Geraden nur noch kläglich. Zu allem Übel trocknete die Strecke auf und die Regenreifen verrauchten jämmerlich. Aber es reichte diesmal sogar zum dritten Gesamtrang vor einer Horde Aprilia Mille, Duc 999, 998 und 916. Bronze bei den dicken Vierventilern! Das war logischerweise auch der Sieg in der Division 2.
Dirk Mothes war mit 1:10 min Rückstand in den Tiefen des Raumes verschwunden. Schlichtweg endgeil. Damit waren wir mit zwei Rennen weniger bis auf zwei Punkte am Gesamtführenden – Dirk Mothes, wer sonst? – dran. Das sah nach einem spannenden Finale aus.

Das Finale

Also, alles klar: beim BIKEtoberfest in Oschersleben die fehlenden zwei Punkte aufzuholen. Die Zeichen dafür standen nicht schlecht. Denn trotz nur mäßig griffiger Piste und ekligem Sauwetter am Trainingssamstag erwischten wir wenigstens eine trockene Sitzung. Das Ergebnis: Startplatz 2, allerdings hinter einer nachtschwarzen Buell RR. Wo zum Teufel kam denn die plötzlich her?
Egal, was zählt, ist im Rennen. Das hielt für uns eine feuchte Piste parat. Also Regenreifen auspacken und hoffen, dass inzwischen die Piste im Nassen etwas mehr Grip bieten würde als am Vortag. – Das Feld war da so etwas wie eine GmbH gewesen, im Wortsinn.

Mit dem Erlöschen der Startampel ging die alte Duc ab wie’s Brötchen. Die Buell guckte hinterher, der Rest ebenfalls. Nur einer kam ganz gewaltig ran: Ralf Schwickerath auf seiner 130 PS starken Monster-Kuh. Ach ja, richtig: die Boxer-Battle war ja mit uns zusammen an den Start gegangen.
Schwicki war nicht zu halten, fuhr wie der Teufel und war schon bald uneinholbar weg. Von hinten allerdings drohte keine Gefahr: Knut Toppel hatte seine Buell desaströs in der Dreifach-Links endfertig in die Magdeburger Börde gebohrt. Nach einem ersten Check im Krankenhaus scheint er zumindest aber auf einem guten Weg. Plötzlich war das Rennen ein wenig fad.

Die Piste trocknete in Windeseile ab, die Regenreifen wimmerten kläglich um Erlösung, die die Schwarzweißkarierte nach 10 Runden endlich brachte. Und dahinter? Gähnende Leere. Mothes’ Motor hatte dem Primärtrieb zwei Runden vor Ende die Zähne zerbröselt, und ansonsten war kein Konkurrent in Schlagdistanz.
Damit war der Sieg in der Division 2 unter Dach und Fach, das zweite Rennen praktisch nur noch Kosmetik. Aber egal, man guckt ja immer, was geht. Im Fall des zweiten Laufs hieß das, mit Reifen, die schon das ganze Wochenende drauf waren – der Vordere sogar schon seit Schleiz – ohne Risiko Punkte zu holen. Mangels Gegenwehr wurde ein Start-Ziel-Sieg draus. An so ein Saisonende könnte ich mich direkt gewöhnen.